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Aus der Flugpraxis entwickelte theoretische Abhandlungen über:
Allgemeine Flugmodell- und Fernsteuertechnik
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       Der nicht gerade einfache Weg zum erfolgreichen Solarflug

Der 'Solitair' ein festigkeitsmäßig sehr gutes Leichtbaumodell mit optimaler Auslegung des Wirkungungsgrades im gesamten Antriebsteil

Blickt man in die deutsche Modellflug-Rekordliste Sparte F3E-Sol, so scheinen dort immer die gleichen Namen auf. Diese Modellflieger haben in den vergangenen Jahren die Technik des Solarantriebes für Flugmodelle so weit erforscht und entwickelt, dass sie für einen breiten Interessenkreis nachvollziehbar ist. Und das ohne Bauchweh in eventuellen Fehlinvestitionen. Dem entwicklungshungrigen Modellflieger haben sie fürs erste nur den zweiten Teil der Solarfliegerei übrig gelassen, nämlich das Flugmodell. Da kann jedermann sein Wissen und seine persönliche Note ins Spiel bringen. Nachstehende Abhandlung zeigt, welcher Weg beim Solarflugmodell "Solitair" gegangen wurde.

     Für den konventionellen Elektro-Motorsegler stehen grundsätzlich zwei Antriebsvarianten zur Auswahl: entweder strebt man einen kurzen, rasanten Steigflug in große Höhen an, aus denen ein langer Gleitflug resultiert. In dieser kurzen Motorlaufzeit wird beinahe die gesamte Akkuleistung verbraten.
     Oder man geht es fast umgekehrt an. Gefordert wird dann eine "ewig lange" Motorlaufzeit, bei der das Erreichen von Höhe und Gleitflugzeit nicht so wesentlich sind. Die vorhandene Kapazität des Antriebakkus wird über einen langen Zeitraum verbraucht.
      Für die endgültige Auslegung des einen oder anderen Modellentwurfes muss man nochmals zwei Möglichkeiten in Betracht ziehen. Man kann sich zwischen vielen Zellen hoher Kapazität und leider hohem Gewichtsanteil entscheiden, oder man versucht es mit weniger Zellen, geringerer Stromstärke und möglichst kleinem Gewichtsanteil am Gesamtgewicht des Modells. Dass diese Energie und Gewicht sparende Variante die schwierigere aber auch reizvollere ist, leuchtet wohl ein.
     Nebenbei bemerkt werden die eben beschriebenen Grundsätze im technischen Teil von Wettbewerbsausschreibungen wenig oder gar nicht berücksichtigt. Besonders in der einfachen 7-Zellenklasse, bei der besondere Breitenwirkung angestrebt wird, legt man mehr Wert auf Landefirlefanz und sonstige Handicaps, als auf die Technik des Flugmodells.
     Beim reinen Solarflug (ungepuffert) steht man zum Glück fast nur vor der zuletzt angeführten Problematik, da hier der Dauerflug aus der Natur der Sache gegeben ist. Verwendet man beim konventionellen Elektro-Motorsegler ein paar Akkuzellen mehr oder weniger, ist die finanzielle Belastung nicht so gravierend. Setz man aber 120 statt 60 Solarzellen für den Solargenerator ein, reißt das ein schönes Loch in das Modellbaubudget. Da Solitairselbst die nach dem heutigen Stand im Handel erhältlichen besten Solarzellen bei einer mittleren Sonneneinstrahlung kleine Energiemengen liefern, kommt man unter einen Belegungsgrad von 50,24% der Tragfläche und einem Leistungsgewicht von 34,56 W pro kg Fluggewicht bei 100 mW/cm² Einstrahlung nicht aus. (Werte des 'Solitair').
     Aus der Formel für den Steigflug leitet sich die Gleichung für den Energiebedarf des Schwebefluges (Nullschieber) ab: Gewicht mal Sinkgeschwindigkeit durch den Wirkungsgrad der Antriebskette ist gleich die benötigte Propellerleistung. An einem Beispiel demonstriert: 9,28 (N) * 0,3 (m/s) / 0,55 (%) = 5,127 W. Zur Leistungsoptimierung des Modellentwurfes sind also nur zwei Größen greifbar: Das Gesamtgewicht und die Sinkgeschwindigkeit vy. Daher muss man sehr leicht bauen, ohne die Festigkeit zu vernachlässigen und alle Spitzfindigkeiten der Aerodynamik ausschöpfen.
     Für den Energiebedarf heißt es allerdings, den Kampf mit den Wirkungsgraden zu gewinnen. Einfach gesagt: je besser das Flugmodell, umso geringer der Energiebedarf.
     Die Mindestbestrahlungsstärke für den Schwebeflug lässt sich mit Leistung (W) des Solargenerators berechnen. Zu unserem Beispiel: 5,127 Watt / 34,56 Watt x 100 = 14,83 mW/cm², was mittels Solarmeter ablesbar ist.
       Im vorliegendem Beispiel errechnet sich die Leistung des Solargenerators aus 72 Zellen á 480 mW bei 100 mW/cm² Einstrahlung (wird in unseren Breiten nicht erreicht, wohl aber in Afrika) = 34,56 Watt. Leider liefert nun der Solargenerator bei einer Einstrahlung von sagen wir 65 mW/cm² auf der Horizontalen (bei uns ein guter Mittelwert an sonnigen Tagen) 34,65 * 0,65 = 22.46 Watt so verbleiben nach Überwindung aller Widerstände, wie MPP-Regler, Motor, Getriebe und Luftschraube bei bester Auslegung (d.h. hochwertiger Antrieb) noch 55% davon übrig. Das sind bescheidene 12,35 Watt Propellerleistung. Dies ergibt ein Steigen von: 12,35 (W) / 9,28 (N) - 0,3 (m/s = 1,03 m/s). In der Praxis hat sich gezeigt, dass schon eine Bestrahlungsstärke von weniger als 30 mW/cm² zum "Obenbleiben" genügt. Zugegeben, erreichbar ist dies nicht mit einem Alltagsmodell und üblichem Aufwand. Aber hat man erst einmal ein Solarflugmodell seinem Element übergeben, jubelt als Lohn das Herz für all die Mühe und Sorgfalt. Denn es fliegt und fliegt und fliegt.....

Erstveröffentlichung: Zeitschrift prop 1/1993
Last Update: 15.03.2002 © by Oskar Czepa