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Aus der Flugpraxis entwickelte theoretische Abhandlungen über:
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Die verflixte Luftschraubenanpassung

      Die Konstruktion der Luftschraube erfordert ein beträchtliches Fachwissen und ist für viele das aerodynamische Gruselkabinett. Ihr Bau ist auch nicht jedermanns Sache. Daher bevorzugen die meisten Modellflieger Fertigprodukte. Kann man überhaupt handelsübliche Luftschraubengrößen dem jeweiligen Antrieb und Modelltyp optimal anpassen? Trotz nicht leicht überschaubarer Thematik und ohne all zu große Inanspruchnahme des Taschenrechners, soll in diesem Beitrag eine Antwort darauf gefunden werden.

     Rechenbeispiele, weniger wichtige oder Zusatzinformationen zum Hauptthema sind Kleingedruckt!

Lahme Enten oder verglühte Träume
      Besonders angesprochen sei hier der ambitionierte 'Alltags-Elektroflieger'. Ihm müsste es ein Anliegen sein, sich über den halbwegs richtigen Quirl zu seinem Treibling ein bisschen mehr den Kopf zu zerbrechen. Im Gegensatz zum Betreiber eines Verbrennungsmotors muss er mit einem ungünstigeren Leistungsgewicht zu Rande kommen (Propellerleistung / Gewicht des Modells). Um sein Flugmodell im Kraftflug nur in der Schwebe zu halten (kein Steigflug), werden von seiner Antriebseinheit schon einige Watt Luftschraubennettoleistung Pn gefordert.

     Die Berechnung hiefür ist einfach. Man legt das flugfertige Modell auf die Waage, multipliziert das kg-Ergebnis mit 9,81 = N, multipliziert diesen Wert mit der berechneten oder einer angenommenen Sinkgeschwindigkeit vy in m/s (als Richtschnur für vy: Aerodynamisch gut ausgelegte Modelle geringerer Flächenbelastung: 0,3 m/s, weniger gute und schwerere Modelle: 0,6 m/s und Motormodelle mit etwa 50 N/m² Flächenbelastung: 1,0 m/s) und schon wird die erforderliche Luftschraubenausgangsleistung für die Schwebeleistung in Watt auf der Rechneranzeige sichtbar (Pn = N * m/s) [W]. Demnach benötigt ein 1,5 kg schwerer Segler guter Gleitleistung für 3 m/s Steigen 48,5 W Luftschraubenleistung (N *[vy + vst] = Pn ) [W]. Nun machen aber in der Umsetzerkette von Akku, Regler, Getriebe, Motor und Luftschraube die Verluste bei gar nicht so schlechter Auslegung gut 60% aus (bei Billigantriebseinheiten eher noch mehr), so daß der Gesamtwirkungsgrad nur 40 % beträgt. Daher muss unser Motorchen freudig bereit sein, für die 48,5 Wnetto Propleistung, immerhin 121 Wattbrutto Akkuleistung (V * A an den Motorklemmen gemessen) aufzunehmen (Wnetto / %h * 100 = Wbrutto = 48,5 / 40 * 100 = 121,25).

     Beim Verbrenner erweisen sich auf Grund des Energieüberschusses selbst die schlechtest angepassten und von der Güte her übelsten Propeller noch immer als ausreichend. Dagegen bewirken Fehlgriffe bei der Luftschraube des Elektrofliegers, bei schlechter Gesamtauslegung des Antriebes, im Kraftflug einen Zustand, den wir gerne mit 'Herumkrebsen' bezeichnen. Auch gelang es mir einst, einen 0,8 ccm Cox-Verbrenner, statt mit einer 6-3, mit einer 9-4 Luftschraube zu betreiben. Der Motor lief zwar widerwillig, aber sonst machte ihm diese Quälerei nichts aus. Bremst man dagegen einen E-Motor derart ab, entwickelt er zwar eine hohe Leistung, doch auch entsprechende Verlustwärme und die ganze Antriebseinheit kann ihr Leben in Rauch aushauchen.

Über den maximalen Motorwirkungsgrad zum 'Spatz in der Hand'.
     Sattsam bekannt ist, daß sich ein Motor an irgendeinem Betriebspunkt am wohlsten fühlt und uns dort mit seinem besten Wirkungsgrad beglückt.
Beim Verbrenner genügt dafür schon die empfohlene Luftschraube und der richtige Dreh´ an der Düsennadel. Ziemlich egal ist es uns auch wie er mit seiner Energie dem Sprit umgeht, hängt doch die Laufdauer lediglich vom Tankinhalt ab, noch dazu bei konstanter Leistungsausnützung bis zum letzten Tropfen. Anders sieht es beim Elektromotor aus. Hier bestimmen Spannung, Strom und die Belastung durch die Luftschraube allein, gut oder schlecht aufeinander abgestimmt, ob der Motor seine Arbeit optimal oder weniger zufrieden stellend verrichtet, aber auch wie lange er läuft.
     Aus den Gliedern der Antriebsumsetzerkette sind die Wirkungsgrade von Akku, Getriebe und Regler meist festgelegt. Daher erscheint mir zunächst das nicht sehr aufwendige Erreichen des optimalen E-Motorwirkungsgrades durch entsprechende Wahl der Propellergröße primär erstrebenswert.

     Für unser Eingangsbeispiel wäre also ein Motor gefragt, der zur Nennspannung von 8,4 V = 7 Zellen, seinen besten Wirkungsgrad bei einer Stromaufnahme von etwa 16 A erreicht (Bei einer Verlustspannung von 1,1 V pro Zelle ergibt 7,7*16=123 [W].

     Bei der Luftschraube wiederum werden alle in der Folge beschriebenen und darüber hinaus noch möglichen Bemühungen nur eine Annäherung an das Optimum ihres Gesamtwirkungsgrades erbringen. Modell, Motor und Luftschraube sollten daher eine geglückte Einheit bilden!
     Die Stromaufnahme Iopt (A) bei maximalem Wirkungsgrad einer Nennspannung entnimmt man einfach dem Motorkennblatt oder dem Aufdruck auf der Verpackung.
Muss man den Iopt -Wert genau einhalten? Nicht in jedem Fall ist Iopt der günstigste Arbeitspunkt. Bei Dauerelektroflugmodellen geizt man mit jedem Milliampere, fliegt meist gedrosselt und bleibt so unter Iopt. Beim Steig- oder Normalmodell schaden plus 10% über Iopt zur Ausnützung einer besseren Motorwellenleistung sicher nicht. Bei Speedmodellen bewegt man sich noch weiter zur maximalen Wellenleistung hin. Allerdings immer bedenken: Was man an Steigleistung oder Speed gewinnt, geht an Motorlaufzeit tm verloren (tm in Minuten = Iakku(Ah) * 60 / Imot (A))! Übrigens: Eine maßvolle Erhöhung der Nennspannung von z.B. 7 auf 8 Zellen verbessert wohl den Wirkungsgrad des Motors und die Antriebsleistung. Ein Anwachsen der Motordrehzahl ist dabei aber nicht zu vermeiden und je höher die Drehzahl, desto größer ist der mechanische Verschleiß.
     Wie bewerkstelligt man in der Praxis das Erreichen des Betriebspunktes Iopt? Zunächst montiert man eine vermeintlich passende oder empfohlene Luftschraube am auserkorenem Motor - egal, ob mit angeflanschtem Getriebe oder ohne - und schließt diesen an das auf 0,0 V eingestellte Netzgerät. Für Ströme unter 16 A (max. Wert meines Netzgerätes) verwende ich keinen Prüfstand, sondern halte den Motor sicher in der Hand. Nun regle ich die Spannung vorsichtig bis auf den angegebenen oder gewünschten Nennwert hinauf und lese am Amperemeter des Netzgerätes die Stromaufnahme ab. Es wäre ein Wunder, würde mit dem erstbesten Propeller Iopt erreicht werden. Natürlich wird man den Versuch sofort abbrechen, erreicht man schon bei halber Nennspannung Iopt. Dann wird man einen neuerlichen Versuch mit einer kleineren Luftschraube starten, oder umgekehrt. Diese Prozedur wird so lange fortgesetzt, bis mit irgendeinem Prop die empfohlene Stromaufnahme Iopt erreicht wird.
Abb 1: 'Messlatten für eine breite Bandbreite von E-Motoren aus der Spezialwerkstatt von Hans Keinrath, Feldkirch
     Ist kein Netzgerät vorhanden, oder wird ein höheres Iopt gefordert, rate ich aus Sicherheitsgründen von der Handhaltemethode ab. Dann wird eben im Modell oder am Prüfstand mit geladenem Akku und dazwischengeschaltetem Volt- und Amperemeter gemessen, was den Vorteil hat, daß die Verluste beim Akku (Spannung, Strom) gleich registriert werden können. Für eine spätere Verwendung ist es nun wichtig, die bei Iopt sich einstellende Drehzahl nopt zu erfassen und zu notieren!
Dass für das Finden von nopt auch irgendein passendes Stück Leiste (siehe Foto meiner sehr preiswerten und praktischen 'nopt - Meßlatte') oder auch eine Schwungscheibe Verwendung finden kann lässt erahnen, daß bei Verwendung von Luftschrauben zufälliger Steigungen und Durchmesser, dieser Findling nur ein 'Spatz in der Hand' sein würde.

     Doch könnte sich damit bei manch unwilligem E-Flugmodell schon jetzt im Kraftflug bei Motorlaufzeit und Leistung eine sichtbare Verbesserung einstellen. 'Die Taube am Dach' ist dieser Propeller aber nur selten. Der Genügsame kann sich damit zufrieden geben, denn im Vergleich zur Bearbeitung eines Werkstückes hat die Grobfeile oder Raspel schon ihre Schuldigkeit getan.

Mit dem Fortschrittsgrad auf der Suche nach der besseren Luftschraube.
     Schon Ende der 20er Jahre veröffentlichte der amerikanische Beratungsausschuss für Luftfahrt NACA im Bericht Nr.141 Forschungsergebnisse aus Windkanalmessungen an Modellpropellern von 0,9 m Durchmesser. Sie haben bis zum heutigen Tage nichts von ihrer prinzipiellen Aussagekraft verloren. Obwohl diese Testergebnisse manntragenden Flugzeugen zugute kommen sollten, haben sie sich auch im Größenbereich des Modellflugs als durchaus verwendbar erwiesen. Um in der Folge den Gebrauch der diesen Berichten entnommenen Diagramme zu rechtfertigen, müssten genau genommen unsere Propeller diesen Testpropellern geometrisch ähneln und dem gleichen Gütestandard entsprechen. Gehen wir aber davon aus, daß die in Frage kommenden kommerziellen Luftschrauben davon nicht all zu sehr abweichen.
Nun ermöglichen diese Forschungserkenntnisse eine interessante Vorgangsweise, Durchmesser und Steigung unseres Probanden optimal zu bestimmen. Für ihre Anwendung müssen wir uns lediglich mit den wenigen dort aufscheinenden Größen und Luftschraubenparametern vertraut machen.
     Zum einen ist es das Steigung- zu Durchmesserverhältnis H/D. Darin ist H die geometrische Steigung, (der theoretische Weg der Luftschraube bei einer Umdrehung) und D der Durchmesser der Luftschraube. Auf der Luftschraube selbst sind die dafür erforderlichen Werte in umgekehrter Reihenfolge angegeben. Bei einer so genannten 8 - 4 (oder 20 - 10) Luftschraube dividiert man also 4 / 8 (10 / 20) und erhält als H/D = 0,5. (Hier darf also jede Dimension gewählt werden, egal ob Zoll, Meter oder Zentimeter). Wie wir gleich sehen werden, nimmt diese Größe beträchtlichen Einfluss auf den Verlauf des Leistungsbeiwertes und des Wirkungsgrades. Zum anderen gibt es eine wichtige Formel, die mit dem sonderbaren Wort Fortschrittsgrad J bezeichnet wird.
     Sie lautet: J = 60 * v / n * D [-]. Wir werden sie in dieser Abhandlung als den Schlüssel zur optimalen Größenbestimmung einer Luftschraube benützen.

     Hinter diesem Quotienten aus Kraftfluggeschwindigkeit des Modells durch Tangentialgeschwindigkeit (radiusbezogene Umlaufgeschwindigkeit der Luftschraube) verbergen sich nicht nur die resultierenden Anblasgeschwindigkeiten an den Propellerprofilen, sondern auch ihre Anströmwinkel. Die Differenz aus Anströmwinkel φ und Blattwinkel β, korrigiert durch den induzierten Anstellwinkel (αi = ca * 57,3 / L * p), ergibt dann den wahren Blattanstellwinkel α. (Je größer die Fluggeschwindigkeit, desto größer wird der Fortschrittsgrad, und desto kleiner der Blattanstellwinkel α).

     Schließlich wird in besagtem Bericht noch die Motorleistung durch einen Leistungsbeiwert Cp berücksichtigt.

     Er wird als Verhältnis von Motorwellenleistung Pw zu dem Produkt aus Luftwert, Drehzahl n und Durchmesser D dargestellt.

     Die drei Größen H/D, J und Cp wurden weiters in einem Messdiagramm gegenübergestellt. Es zeigt, daß ein kleiner Leistungsbeiwert Cp einem ebensolchen H/D zugeordnet ist und große Antriebsleistungen großen H/D-Werten. Für unser weiteres Vorgehen genügt jedoch eine grobe Zusammenfassung dieser Erkenntnisse nachstehender Wertetabelle:

Langsame Steigflugmodelle Normalmodelle Rennmodelle
H/D 0,4 - 0,6 H/D 0,7 - 0,9 H/D 0,9-1,4

      Aus ihr ist ersichtlich, daß für langsame, schwach motorisierte (drehmomentarme!) Steigflugmodelle, Durchmesser abhängig, in der Regel Propeller mit kleinen Steigungen zu wählen sind. Für den Watt verschlingenden Schnellflug dagegen, solche mit großer Steigung.
     Nun stehen merkwürdigerweise H/D und Fortschrittsgrad J in einem bestimmten Zusammenhang für den optimalen Wirkungsgrad der Luftschraube, was deren Größe betrifft. In einem weiteren Diagramm, in dem H/Dopt über den Fortschrittsgrad Jopt aufgetragen wurde, ergeben die gemeinsamen Punkte eine leicht gekrümmte Linie. Das Ergebnis sieht so aus:

H/D 0,4 0,45 0,5 0,55 0,6 0,65 0,7 0,75 0,8 0,85 0,9 0,95 1,0 1,05 1,1
J 0,37 0,39 0,44 0,47 0,51 0,55 0,58 0,62 0,66 0,7 0,74 0,78 0,84 0,89 0,93
     In der Fachliteratur finden sich übrigens zwei Formeln für Jopt und H/Dopt. Allerdings weichen deren Ergebnisse gering von obiger Tabelle ab. Während die Graphik der Tabellenwerte wie erwähnt eine leicht gekrümmte Kurve zeigt, ergibt sich bei den Formeln eine Gerade. Dient obige Tabelle sehr gut schnellen Überschlagsrechnungen, eignen sich die Formeln insbesondere zur nachträglichen Ermittlung von Zwischenwerten und für Rechenprogramme. Demnach ist H/Dopt = 0,07 + (1,1 * J) und Jopt = H/D / 1+ (0,2 * H/D). Als Rechenbeispiel nehmen wir ein H/D von 0,8 an, dann ist Jopt = 0,8 / 1+ (0,2 * 0,8) = 0,69. Für H/Dopt gilt dann 0,07+ (1,1 * 0,69) = 0,8.

      Aus einem anderen Diagramm wird dann schließlich der beste Wirkungsgrad h der Luftschraube für Jopt ablesbar. Wieder aufgelistet erspäht das staunende Auge:

Bei J 0,4 0,45 0,5 0,55 0,6 0,65 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1
η in % 63 65 67 68 69 70 72 74 76 78 79

      Große Luftschraubenwirkungsgrade erzielt man augenscheinlich nur im Zusammenspiel höherer J-Werte mit entsprechenden H/D-Verhältnissen (großen Steigungen).
Für die Praxis bedeutet dies, daß man bei Steigflugpropellern kleinerer Fluggeschwindigkeiten, also schwachbrüstiger Antriebe, selbst bei bester Auslegung, nicht einmal 70% Wirkungsgrad erreichen wird. Der Grund für diese scheinbare Diskrepanz ist, daß die Antriebsleistung einfach nur den gewünschten, verhältnismäßig größeren Propdurchmesser, nicht aber auch noch eine große Steigung verkraftet. Wir müssen uns also nach der Decke strecken und zu Gunsten eines möglichst großen Durchmessers die Steigung in Grenzen halten.

     Vollständigkeitshalber sei hier auch noch angeführt, daß nach Prof. Schöberl der Wirkungsgrad eines 'guten' Propellers im wesentlichen von der spezifischen Kreisflächenbelastung cs mit der Formel 8*S / ρ.π.D².vb² [-] abhängt. Darin ist S der Schub des Propellers [N], r die Luftdichte mit 1,225 kg/m³, D der Durchmesser der Luftschraube [m] und vb die Bahnfluggeschwindigkeit [m/s]. Ein cs-Wert von 1,5 bedeutet 60% Wirkungsgrad, 0,8 = 70% und 0,35 = 80%. Zur genauen Bestimmung des Propellerwirkungsgrades ist jedoch ein Nomogramm erforderlich. Auch die theoretische Strahlgeschwindigkeit TSG wird zur schnellen Erfassung der effektiven Luftschraubenleistung herangezogen. Sie ist das Produkt aus Steigung H [m] und der Luftschraubendrehzahl N [U/min] = H*(N/60) [m/s] und stellt einfach den theoretischen Weggewinn durch die Luftschraube dar. Die Bahnfluggeschwindigkeit vb sollte demnach bei 50 - 75% der TSG liegen. Schneller als TSG kann ein Flugmodell nicht fliegen, würde doch sonst der Propeller als Bremse wirken (Sturzflug mit gedrosseltem Motor). Langsamer als halbe TSG auch nicht, denn dann würde eine Art Standeffekt eintreten (Hängen an der Luftschraube oder Bodenstart).

      Um nun alle Werte zu J für einen beliebigen Beispielsfall herauszufinden, bemühen wir wieder unseren Taschenrechner. Zur Wiederholung: Der dimensionslose Kennwert J ist der Quotient aus 60 * v / n * D. Darin ist v (gleich vb) = die Bahnfluggeschwindigkeit vb des Modells in m/s (ist die von der Horizontalen mehr oder weniger abweichende Geschwindigkeit eines Modells während des Kraftfluges). Von den zunächst drei Unbekannten dieser Formel ist die Bestimmung von vb ein wirkliches Problem und zugegebenermaßen ihre Schwachstelle. Bei den erwähnten US-Messungen ersetzte einfach die Strömung des Windkanals eine vorher festgelegte Fluggeschwindigkeit. Für uns bleibt vb jedoch Annahme oder Schätzwert, solange sie nicht durch Flugmessungen exakt belegt wird. Weil sie aber in den weiteren Ausführungen für die relative Propellergröße (ob z.B. 0,2 oder 2,0 m) ein bestimmender Faktor ist, sei hier zunächst eine Hilfsformel angeführt, die auf jener der Gleitfluggeschwindigkeit vx beruht: vb = √ 1,63 * (p / 0,8). Sie ist aber nur für den Bereich 'Langsame Steigflugmodelle' anwendbar und daher mit Bedacht einzusetzen. Darin ist 1,63 ein mittlerer Bodenluftwert, p die Flächenbelastung in N/m² und 0,8 ein fiktiver ca - Wert.

     Wieder zum besseren Verständnis ein Rechenbeispiel: Das Modellgewicht beträgt 0,55 kg und die Flügelfläche 0,28 m². Demnach ist die Flächenbelastung 0,55 * 9,81 / 0,28 = 19,27 N/m². Nach obiger Formel ist dann das gesuchte v = 6,26 m/s.

      In diesem Zusammenhang möchte ich auf meinen Beitrag 'Fluggeschwindigkeiten' im 'prop' 6/1997 hinweisen, der die Schwierigkeiten bei der Berechnung der Bahnfluggeschwindigkeit aufzeigt. Auch dort ist eine Möglichkeit zur Findung der Bahnfluggeschwindigkeit dargestellt. Sie gilt jedoch nur für Flugmodelle und solchen, bei denen die Zugkraft gleich der Gewichtskraft ist. Bei der ersten Unbekannten im Zähler von J begnügen wir uns also mit dem oben gefundenen Näherungswert für v = 6,26 m/s.

     Dem E-Modellflieger ist bekannt, daß sich mit jeder Erhöhung des Steigwinkels die Bahnfluggeschwindigkeit stetig verkleinert. Diese Prozedur kann man bei schwächer motorisierten Modellen bis zum Stillstand des Modells ausreizen. Daher werden geringe Abweichungen zu einer festgelegten Bahnfluggeschwindigkeit üblicherweise noch während des Steigfluges mit dem Höhenruder oder der Trimmung durch Ändern des Steigwinkels korrigiert. Der richtige Steigwinkel zur Beispielgeschwindigkeit vb wäre bei einer errechneten Steigfluggeschwindigkeit vst von 1,9 m/s gleich vst / vb = arc sin. In Zahlen: 1,9 / 6,25 = 0,304 = 17,7º.

      Als nächstes wählen wir aus oberster Tabelle ein H/D-Verhältnis entsprechend dem jeweiligen Flugeinsatz. Zu Gunsten eines größeren Propdurchmessers sollte bei Modellen geringerer Steigleistung H/D höchstens 0,6 erreichen. Bleiben wir bei diesem Wert, bekommen wir schon in der zweiten Tabelle darunterliegend erfreulicherweise das Endergebnis von J mitgeliefert. In diesem Fall ist J = 0,51. Unter dem Bruchstrich der J-Formel stehen die Motordrehzahl n und der Luftschraubendurchmesser D. Nehmen wir an, die Drehzahl des ausgewählten Motors beträgt im Direktantrieb bei Iopt 13.200 U/min. Rechnen wir nach, würden wir mit dieser hohen Drehzahl und der kleinen Fluggeschwindigkeit von 6,26 m/s, ein J von 0,51 nur mit einem winzigen Propellerdurchmesser D von 0,055 m = 5,5 cm! erhalten. (D = v * 60 / J * n).
       Nun wissen wir aus der vorausgegangenen Abhandlung über den Luftschraubenwirkungsgrad, daß mit wachsendem Durchmesser eine Leistungsverbesserung einhergeht. Also wird man Sinnvollerweise immer mit Luftschrauben großen Durchmessers liebäugeln. Um aber eine größere Luftschraube mit der gleichen Motorwellenleistung wie eine kleinere betreiben zu können, muss nach den Regeln der Mechanik eine entsprechende Untersetzung deren Drehzahl verkleinern, bzw. das Drehmoment erhöhen. Bei Einbau eines Untersetzungsgetriebes von 6 / 1 und Abbremsen des Motors durch eine entsprechende Luftschraube auf Iopt, müsste der Drehzahlmesser dann 2.200 U/min anzeigen (13.200 / 6 = 2.200).

     Würden uns E-Motoren mit niederen Drehzahlen und hohen Drehmomenten in der Art des Durchschnittswertes eines Gummimotors des Wakefieldmodells zur Verfügung stehen - dort erreicht der Luftschraubendurchmesser weit mehr als ein Drittel der Spannweite und H/D gleich 1 und mehr - wären Getriebe überflüssig. Eine entfernte Annäherung dazu findet man im Billig- und Mittelpreisangebot bei Graupner. Er bezeichnet diese Motoren mit Turbo, Eco oder Torque. Einfache Erkennungsmerkmale unter vergleichbaren Typen, z. B. der 480 - 600 - 700 - oder 900er Klasse sind die geringere Leerlaufdrehzahl, die verhältnismäßig niedrige Stromaufnahme bei Iopt und das leider bautechnisch bedingte höhere Gewicht. (Wicklungen aus dünnem Draht mit vielen Windungen und viel Magnetsubstanz). Auch bei den Neuentwicklungen der Ultra Brushlessmotoren wird dieser Weg eingeschlagen. Gegenüber den billigen Kommutatormotoren muss jedoch das z.T. beträchtlich geringere Gewicht teuer erkauft werden. Sie kosten mit Regler durchschnittlich das 10fache.

      Bedauerlicherweise ist auch das Angebot von Untersetzungsgetrieben mit guten Wirkungsgraden (> 90%) nicht gerade üppig. Um mit dem Vorhandenen auszukommen, halte ich mich von vornherein bei Motoren mit großen Leerlaufdrehzahlen an folgende grobe Regel:

Motoren für langsam fliegende Flugmodelle geringer Flächenbelastung sind hoch zu untersetzen, etwa (6 / 1 - 12 / 1). Für schneller fliegende Modelle mit höheren Flächenbelastungen genügen eher kleinere Untersetzungen von (2 / 1 - 3 / 1). Der Direktantrieb sollte den Rennern vorbehalten bleiben.

     Augenfällig, wie diese Gruppierung zur früheren Kategorieeinteilung der drei Modelltypen für H/D in Einklang steht.

      Kommen wir aber zum Ende unserer Rechnungen. Die Bahnfluggeschwindigkeit des Modells wurde mit 6,26 m/s festgelegt und für Jopt lasen wir aus der dafür unterlegten Tabelle den Wert 0,51 ab. Nachdem wir den Motor mit 6 : 1 untersetzten, ist die neue Propdrehzahl 2.200 U/min. Nach Umstellung der Formel von J ist daher der gesuchte Durchmesser unserer Luftschraube D = v * 60 / J * n gleich 6,26 * 60 / 0,51 * 2.200 = 0,334 m. Über J 0,51 stehend, ergibt sich aus vorher erwähnter Tabelle für H/D der Wert 0,6. Um nun zu D 0,334 m auch die entsprechende Steigung zu finden, müssen wir lediglich D mit H/D multiplizieren. H = D * H/D in Zahlen 0,334 * 0,6 = 0,200 m.
      Nähmen wir aber ein Getriebe von 4 : 1, dann wäre die neue Drehzahl 3.300 und nach obiger Rechnung der Durchmesser nurmehr 0,223 m und die Steigung 0,134 m.
Mit den erhaltenen Werten ist uns eine weitere Möglichkeit zur Berechnung bzw. Abschätzung der Bahnfluggeschwindigkeit vb gegeben. Durch Umstellen der Formel für den Fortschrittsgrad ist vb = n * D * J / 60. Der vorher gefundene Propeller hat also die Größe 33,4 - 20,0 cm oder 13,1 - 7,87 Zoll. Nun wird man Luftschrauben die genau den errechneten Durchmessern und Steigungen entsprechen, wahrscheinlich nicht einmal im Angebot gut sortierter Fachgeschäfte finden. Will man keine Änderungen an Luftschrauben vornehmen, muss man sich eben mit der 'Ähnlichsten' bescheiden. Eher wird man eine mit gewünschtem Durchmesser entdecken. An ihr könnte man dann die entsprechende Blattwinkeländerung errechneter Steigung mit einem verstellbaren Luftschraubenmittelstück und einem Blattwinkelmessgerät vornehmen, siehe Fotos.

Abb 2: Verstellbares Luftschraubenmittelstück; Patent Czepa. Feinmechanikarbeit Peter Dolezal, Wien Abb 3: Steigungswinkelmeßgerät aus eigener Werkstatt. Verstellbar für kleinste bis sehr große Propeller.

      Zur Bestimmung von Steigung H oder dem Blattwinkel α sind zwei Formeln erforderlich:
H = 2 r π * tg α und arc tg α = H / 2 r π, wobei mit r die Strecke von der Propellermitte bis zur Winkelmessstelle ( meist bei 0,7 oder 0,75% des Radius r) zu verstehen ist. Beim Entwurf oder der Suche nach einer Luftschraube zu einem bestimmten Modell sollten wir immer bedenken und uns auch zunutze machen: Ihre Größe wird neben der motorleistungsabhängigen Fluggeschwindigkeit v, vor allem von der Drehzahl n und H/D über J mitbestimmt. Große Untersetzungen, somit kleine Drehzahlen, bewirken große Propdurchmesser, Direktantriebe kleine.
      Trotz der Gier nach hohen Wirkungsgraden sollten wir bei der Wahl des H/D-Wertes im Bereich leistungsschwacher Antriebe eher bescheiden sein. Sind wir es nicht, würden die daraus resultierenden großen J-Werte zu kleine Durchmesser und zu große Steigungen erbringen, was zu Strömungsproblemen an den Luftschraubenprofilen führen kann (Re-Zahl).
      Wie weit kann man aber nun das Spiel mit dem von der Drehzahl und J abhängigen Durchmesser treiben? Die einfache Antwort ist: Der immer anzustrebende größtmögliche Durchmesser wird bei starren Propellern von der noch vertretbaren Höhe des Fahrgestelles für genügend Bodenfreiheit begrenzt, bei der Klappluftschraube von der vorderen Rumpflänge. Bei ihr könnte es sonst passieren, daß sie beim Anschlagen, oder was noch schlimmer wäre beim Aufklappen, in die Tragfläche knallt.
      Aus diesen Gründen können wir einen beliebigen Durchmesser der Luftschraube von vornherein festlegen. Bleiben wir bei obigem Beispiel von 0,334 m Durchmesser, dann ist J = 6,26 * 60 / 0,334 * 2.200 = 0,51. Zur Bestimmung der Steigung lesen wir das dazugehörige H/D aus der Tabelle darüberliegend mit 0,6 ab. Wäre aber nur Platz für einen Durchmesser von 0,223 m, dann wäre J = 0,76. Bei einer gegebenen Antriebseinheit ist also nur durch Ändern des Fortschrittsgrades J und der Drehzahl n an einen bestimmten Propdurchmesser heranzukommen!

      Folgender Überblick soll nun einem geordneten Arbeitsablauf dienen:

  1. Motor auswählen und eventuell Getriebe anflanschen (siehe Rahmenkästchen)
  2. Stromaufnahme Iopt bei maximalem Wirkungsgrad aus Kennblatt entnehmen. Je nach Einsatzwunsch auch unter oder über Iopt
  3. Entweder mit Testpropellern oder Abbremsleisten so lange variieren, bis Iopt erreicht wird
  4. Drehzahl nopt bei Iopt und gewählter Nennspannung messen und notieren
  5. Je nach Modelltype und Motorleistung, H/D und J aus Tabelle suchen und notieren
  6. Bahnfluggeschwindigkeit vb errechnen (Hilfsformel oder nach v = n * D *J / 60)
  7. Propdurchmesser D berechnen: D = v * 60 / nopt * J (oder festlegen, je nach Bodenfreiheit und Rumpfvorderlänge)
  8. Steigung H berechnen: = D * H/D
  9. Entweder Luftschraube nach diesen Maßen aus vorhandenen Propellern auswählen oder neu anfertigen (eventuell Steigung mittels verstellbarem Mittelstück und Steigungswinkelmessgerät anpassen)
      Spätestens jetzt wird wohl jedermann klar, warum ich die Überschrift: 'Die verflixte Luftschraubenanpassung' wählte. Die Schlichtfeile aber hat mit Hilfe von H/D über J, auf der Suche nach einer weiteren Verbesserung für den Gesamtwirkungsgrad der Luftschraube, ihre Schuldigkeit getan.

Einige Nachsätze
      Natürlich könnte man beim Normalmodell auch einen Rennpropeller einsetzen, doch ergäbe dies u.a. ein Bodenstartproblem. J ist durch die geringe Startgeschwindigkeit viel zu klein und der Propellerwirkungsgrad dadurch im Keller. Auch der Anströmzustand am Propellerblatt ist durch zu große Blattwinkel gestört. Erst wenn das Modell abheben sollte und im Flug weiter Fahrt aufnimmt, erreicht J allmählich seinen optimalen Wert und die Sache kommt so wieder ins Lot. Einleuchtend, daß mit einem Verstellpropeller das Problem einfach zu lösen wäre. Ist der Vorrat an Energie des Solargenerators solange die Sonne scheint wohl unerschöpflich, bleibt die Leistungsausbeute bei normalen (finanzierbaren?) Belegungsgraden (Anzahl der Solarzellen) eher bescheiden. Um nun überhaupt einen schwachen Steigflug zustande zu bringen, benötigt man eine Luftschraube mit sehr hohen Wirkungsgraden. Dieser Forderung kann man aber nur über große Propdurchmesser und Steigungen, Fortschrittsgradwerte und geringen Drehzahlen (hochwertige, drehmomentstarke und zudem hoch untersetzte Motoren) nachkommen.
      Dagegen fällt ein hyperschneller, starkmotorisierter Motorsegler in die Kategorie Rennmodell und nicht in jene des Steigflugmodells (Klasse F5B). ((Siehe auch Getrieberegel im eingerahmten Absatz)). Aus all dem wird erkennbar, daß die motorleistungsabhängige Bahnfluggeschwindigkeit vb sich nicht in ein System von Steigflug- Normal- und Rennmodellen einordnen lässt. Je nach der zur Verfügung stehenden Antriebsleistung erfolgt der Steigflug ganz langsam bis sehr schnell. Beim Normalmodell darf die Luftschraube wegen des Bodenstarts nicht zu sehr auf Schnellflug ausgelegt werden, also mit nicht zu großen Steigungswerten. Nur dem Rennmodell ist eine, nämlich die, relativ gesehen, hohe Geschwindigkeit vorbehalten.
      Nicht unerwähnt sollte bleiben, daß mit dem späteren NACA-Bericht 350 (März 1929) eine weiterführende Arbeit der Luftschraubenforschung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. In ihr wird ein Flug-Leistungsbeiwert Cs dargestellt, mit dessen Hilfe aus mehreren Diagrammen verschiedenster Rumpf-Tragflügelanordnungen die für eine Konstruktion erforderlichen Propellergrößen herauszufinden sind. Obwohl heute fester Bestandteil der Luftschraubenberechnung, scheint mir die Anwendung dieses Berichtes für den Otto Normalverbraucher problematisch. Sie ist rechnerisch schwieriger, an ein kompliziertes Diagramm gebunden und setzt den Inhalt aus dem Bericht 144 als bekannt voraus. Sie ändert oder verfeinert auch nichts an den Ergebnissen der hier angewandten Methode.
      Allfällige Bedenken über die Verwendbarkeit seinerzeitiger NACA-Erkenntnisse im Bereich Modellflug kann man zerstreuen. In ihnen wird lediglich auf die Luftschraubengröße Einfluss genommen, nicht aber auf Re-Zahl bedingte Strömungsvorgänge. Dafür sind einzig und allein die resultierende Anströmgeschwindigkeit, die aus Grund- und Seitenriss sich ergebende Blatttiefe, sowie die Profilauswahl zuständig.
Ich wünschte mir, daß es nun dem einen oder anderen gelingt, entweder durch bloße Bedachtnahme auf Iopt, oder durch Nachrechnen mit den hier aufgezeigten Möglichkeiten, eine 'Fehlanpassung' der Luftschraube seines Antriebes zu entdecken und zu korrigieren oder zumindest zu verbessern. Andererseits mag so manche 'Wunderluftschraube' gar keine sein, sie arbeitet höchstwahrscheinlich im optimalen Iopt -, H/D- und J - Bereich.
       In dieser Abhandlung war also eine Luftschraube zu finden, die nicht nur den maximalen Motorwirkungsgrad ausnützt, sondern auch durch Festlegung der Größenverteilung H/D über J deren Gesamtwirkungsgrad entscheidend mitbestimmt. Keinen Einfluss kann diese Arbeit jedoch auf die Güte des so gefundenen Propellers nehmen. Dies ist der noch schwierigeren Konstruktion und Herstellung der Luftschraube vorbehalten. Hier setzt dann vergleichsweise die Arbeit der Feinfeile am Werkstück ein.

Erstveröffentlichung: Zeitschrift prop 2/1998
Last Update: 15.03.2002 © by Oskar Czepa